Qualitative Analyse des Geschäftsmodells

Bewertung des Geschäftsmodells eines Unternehmens (Qualitative Analyse)

Bevor Sie sich mit der Analyse eines Unternehmens intensiver auseinandersetzen, sollten Sie das Geschäftsmodell 100%tig nachvollziehen und verstehen können. Das ist essentiell, um möglichst

Qualitative Analyse – Manchmal kann für ein Unternehmen tiefer in die Tasche gegriffen werden, wenn es über ein überlegenes Geschäftsmodell verfügt.

wenig Fehler beim Analysieren und Interpretieren der Bilanzen zu machen. Andernfalls ist das Risiko ungleich höher, in die Irre geführt zu werden. Verstehen Sie das Geschäftsmodell und finden den Jahresbericht trotzdem kryptisch und komplex, sollten Sie lieber die Finger von dem Unternehmen lassen. Die Jahresberichte guter und seriöser Unternehmen sind verständlich formuliert und weisen wenige verwirrende Fußnoten auf.

Vor allem sollten Sie sich nach Alleinstellungsmerkmalen umschauen, die andere davon abhält, auf das gleiche Niveau zu kommen. Umso stärker diese Schutzgräben sind, umso sicherer ist auch Ihr Geld darin meist aufgehoben. Marken, wie Coca-Cola, würden vermutlich selbst mit 100 Milliarden Dollar Kapital nicht vom Cola-Thron gestoßen werden. Nach solchen Unternehmen sollten Sie suchen.

Produkt/Dienstleistung/Anpassungsfähigkeit/Forschung/Entwicklung/Marketing

Ein Unternehmen verdient so viel Geld, wie es Werte schafft. Es muss den Ansprüchen und Bedürfnissen des Kunden genügen, besser noch: Die Bedürfnisse exakt erfüllen. Unternehmen, die sich vor allem ständig an neue Gegebenheiten anpassen und immer wieder neue, beliebte Produkte entwickeln, verzeichnen das stärkste Umsatz- und Gewinnwachstum. Sie schaffen echte „Marken“. Firmen, die hingegen keine neuen Trends erkennen, sich auf alten Erfolgen ausruhen und nicht mit der Zeit gehen, werden zurückfallen und letztlich scheitern.

Qualitative Analyse – Suchen Sie Unternehmen, deren Kunden jedes Produkt zu jedem Preis kaufen.

Ein Beispiel ist die digital literacy, zu Deutsch digitale Kompetenz. Unternehmen, welche sich strikt weigern Online Präsenz zu zeigen oder schlichtweg über Online-Marketing nichts wissen, werden viele Nachteile erleben in Zukunft. Gute Unternehmen investieren generell viel in ihre Zukunft. Die Forschungs- und Entwicklungskosten werden nur noch von den sich daraus ergebenen Gewinnen übertroffen. Natürlich kann auch ein gutes Unternehmen mal mit einem Pilotprojekt auf die Nase fallen, was bei ansonsten soliden Umständen nicht weiter tragisch ist. Der Markt reagiert hierbei jedoch meist übertrieben und eröffnet dem rationalen Investor Chancen, Zukäufe zu tätigen. Doch ein hervorragendes Angebot und Mehrwerte für den Kunden alleine genügen noch nicht.

Was nützen die tollsten Dinge, wenn sie keiner kennt oder niemand so recht ihren Wert erkennt? Nichts. Ein gutes Marketing ist also ebenfalls absolut notwendig, um erfolgreich zu sein. Umso mehr Leuten das Produkt und seine Eigenschaften und Vorteile bekannt sind, umso mehr Absatz wird es generieren. Besonders empfehlenswert für Beginner am Aktienmarkt sind Hersteller für Güter des täglichen Bedarfs (Firmen wie Gillette, Coca-Cola) / Produkte, die für den Alltag absolut essentiell sind, z.B. Bayer (Medizin) oder Versorger / Produkte von Luxusherstellern, die wenig konjunkturanfällig sind (Marken- und Qualitätsprodukte von LVMH, Tiffany usw., die als Preissetzungsmacht Erträge deutlich über der Inflation erwirtschaften) / Produkte, die am günstigsten sind, aber dennoch angemessene Qualität bieten / Produkte mit hoher Skalierbarkeit (beliebige Vervielfachung mit niedrigen Kosten, z.B. Microsoft Betriebssysteme oder andere Softwareanbieter, wie SAP). Diese Unternehmen liegen im Kompetenzbereich der meisten Anleger und sollten von Anfängern deshalb für erste Analysen präferiert werden.

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Der wichtigste Aspekt, der letztlich die Entscheidungsfindung komplettiert, ist die Frage, wie das Unternehmen von der Finanzwelt und den meisten Privatanlegern beurteilt wird. Selbst wenn es

Qualitative Analyse – Unternehmerischer Erfolg und ein zu Unrecht abgestrafter Kurs? Kaufen!

überragende Eigenschaften aufweist, könnte es bereits „verdorben“ für eine Investition sein. Das ist a) der Fall, wenn es eine größere oder ebenbürtige Anerkennung in der breiten Masse genießt und deshalb über dem inneren Wert gehandelt wird, b) wenn die Branche ein Ansehen genießt, dass objektiv nicht mehr gerechtfertigt ist (z.B. Internetaktien Anfang des 21. Jahrhunderts, Biotechbranche usw.), c) wenn der gesamte Aktienmarkt durch viele Zukäufe bereits ziemlich überbewertet ist (z.B. während Zinsphasen, die Anleger in Aktien flüchten lassen, die es bei steigenden Zinsen sofort wieder aus den Märkten zieht. Dann folgen Abflüsse in andere Geldmärkte.

Seien Sie sich also dieser 3 Dimensionen bewusst: Der allgemeinen Börsenlage, der jeweiligen Branchenbeurteilung und der Bewertung des Unternehmens in Einzelstellung. Der Kurs einer Aktie geht in der Gegenwart nicht direkt auf das Unternehmen zurück, sondern auf eine subjektive Beurteilung durch Finanzwelt und Privatanleger. Diesem psychologischen Aspekt wird vor allem als kurzfristiger Zeitfaktor eine bedeutende Rolle zuteil. Langfristig werden gute Fundamentaldaten, ein fähiges Management, richtige Eigenschaften in Marketing, Produktentwicklung, Vertrieb etc. zu einem Umdenken des Marktes führen.

Benjamin Graham, Begründer des Value-Investings und Mentor Warren Buffetts, sagte regelmäßig dazu, dass der Markt kurzfristig ein Stimmungsbarometer ist, aber langfristig eine Waage. Damit ist gemeint, dass kurzfristig oftmals die Irrationalität obsiegt, langfristig jedoch der intrinsische Wert eines Unternehmens dem Markt bekannt wird.

Haben Sie ein wundervolles Unternehmen gefunden, welches von der Allgemeinheit verkannt wird und unterbewertet ist, wird der Markt diesen Missstand irgendwann erkennen und der Wert sich seinem „fair value“ annähern. Dies kann allerdings Monate, meist Jahre, dauern. Es ist empfehlenswert, Ihre Investmententscheidungen nicht nach einem Jahr zu beurteilen, sondern ab ca. 3 Jahren. Sollte ein Investment nach 3-5 Jahren immer noch nicht in der richtigen Bahn laufen, sollte es abgestoßen werden. Es ist zu beobachten, dass Werte mit niedrigem Kurs-Gewinn-Verhältnis und schlechtem Ruf, welche eigentlich bessere Unternehmen sind, bei einem Umdenken in der Finanzwelt durch Massenverhalten oft im wahrsten Sinne des Wortes durch die Decke gehen. Wenn Sie also ein hervorragendes Unternehmen ausfindig gemacht haben und es zu einem fairen oder sogar unterbewerteten Kurs gehandelt wird, schlagen Sie zu.
Neben dem zukünftigen Cashflow und einer angemessenen Verschuldung ist das Geschäftsmodell mitsamt Alleinstellungsmerkmal(en), welches bestenfalls einen riesigen Schutzgraben bietet, das wichtigste Kriterium, welches Aufschluss über mögliche Erfolge in der Zukunft gibt.

Bewertung des Managements

Qualitative Analyse – Was bietet das Management seinen Shareholdern?

Ein Unternehmen, so sagt es Warren Buffett, muss so gut sein, dass selbst ein Idiot es erfolgreich führen könnte, denn irgendwann wird genau dies der Fall sein. Das Geschäftsmodell sollte also tatsächlich so einen starken Schutzgraben aufweisen und/oder die Aktie fundamental so stark unterbewertet sein, dass dem Management nicht mehr die größte Bedeutung zuteilwerden muss. Umso instabiler das operative Geschäft und umso angespannter die finanzielle Situation, umso mehr gewinnt das Management an Bedeutung für den Aktionär. Die Führung eines Unternehmens hat schließlich den stärksten Einfluss auf einen möglichen Erfolg oder Niedergang in der Zukunft. Im Optimalfall ergattern Sie ein ausgezeichnetes Unternehmen mit einem ausgezeichneten Management zu einem billigen Preis. Allzu oft tritt diese Konstellation allerdings nicht auf. In einer starken Baisse lässt sich aber durchaus aus solchen Unternehmen ein Portfolio zu einem ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnis zusammenstellen.

Ein gutes Management zeichnet sich dadurch aus, dass das Wohlwollen des Aktionärs im Vordergrund steht. Gute Manager versuchen sich nicht die eigenen Taschen mit Bezugsrechten oder dergleichen vollzustopfen, sondern die Taschen des Aktionärs, mit nachhaltigen Dividenden und einem gesunden Wachstum, welches langfristig ausgelegt ist, zu füllen. Das Management sollte also überdurchschnittlich kompetent sein und vor allem integer. D.h. es sollte sich gleichermaßen in guten, wie in schlechten Zeiten transparent geben, oder sogar noch transparenter, und die Mitinhaber stets vollends über die aktuellen Gegebenheiten informieren. Die Unternehmenspolitik ist somit ehrlich und sollte weiterhin angemessen ambitioniert sein. Heutzutage wird der gemeine Anleger wohl kaum noch in die Position geraten, mit einem CEO, CFO etc. sprechen zu können. Was ein jeder aber machen kann, ist, sich die jährlichen Conference-Calls anzuhören, die Jahresberichte zu lesen und Interviews zu verfolgen. Oftmals kann daraus in etwa abgeleitet werden, welche Philosophie und welche Praktiken verfolgt werden. Außerdem kann es nützlich sein, sich mit der Reputation aus der Vergangenheit des Managements auseinanderzusetzen. Ein Indiz für einen guten Manager ist eine bewundernswert lange Verweildauer in ein und demselben Unternehmen. Des Weiteren ist es lobenswert, wenn nach Ausscheiden eines Führungsmitglieds, interne Lösungen aufrücken. Dann kann man sich auch sicher sein, was vor allem in großen Unternehmen wichtig ist, dass nicht nur die obersten Top-Manager gute Arbeit leisten, sondern auch genügend andere Mitarbeiter.

Nicht nur das Management sollte sich somit für ein Unternehmen verantwortlich sehen und anstreben es voranzubringen, sondern die gesamte Mitarbeiterschaft, egal ob Buchhalter oder Hausmeister. In guten Unternehmen bilden die Höherklassifizierten jüngere Anwärter als Nachfolger aus. Die Mitarbeiter haben interne Aufstiegschancen. Externe Lösungen werden nur geholt, wenn es wirklich nötig ist (z.B. so starkes Wachstum, dass Ausbildungsabteilung nicht hinterherkommt oder es wird Spezialwissen benötigt wie in besonderen Rechtsabteilungen). Des Weiteren sollten Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse mit eingebunden werden und sich nicht als „kleines Körnchen im Wind“ fühlen, sondern das Unternehmen als angenehmen Platz zum Arbeiten empfinden. Um Interesse und Leistungsbereitschaft zu fördern, gibt es extra Vergütungen für herausragende Leistungen. Dieses Leistungsprinzip darf allerdings nicht dafür sorgen, dass die Mitarbeiter interne Gefechte bestreiten. Alle müssen an einem Strang ziehen, um die Unternehmensziele zu erreichen. Meistens erkennt man das bereits am Charakter der einzelnen Personen, denn es ist fast immer so, dass hinter außergewöhnlichen Unternehmen auch außergewöhnliche Persönlichkeiten mit außergewöhnlicher Energie und außergewöhnlichen Fähigkeiten stecken. Die Ausstrahlung ist, auch in Interviews und Videos, leicht wahrnehmbar.

Natürlich erfreuen wir uns, wenn das Management, wie es sowieso meist der Fall ist, die Shareholder bevorteilt. Dennoch sollte jeder moralisch denkende Mensch überdenken, ob er in ein Unternehmen investiert, welches die Stakeholder gnadenlos ausbeutet. Dann sollte man auch mal, zu Gunsten von Ethik und Moral, auf eine höhere Rendite verzichten und sich nach anderen Möglichkeiten umschauen.